Unsichtbare Prozesse, sichtbare Probleme: Warum der Zahlungsverkehr klare Anforderungen braucht

Im Zahlungsverkehr läuft vieles reibungslos – zumindest für den Endnutzer. Überweisungen werden blitzschnell abgewickelt, Lastschriften automatisiert eingezogen, und am Ende steht die erfolgreiche Transaktion. Doch was im Hintergrund passiert, bleibt oft unsichtbar – und genau hier lauert eines der größten Probleme für Projekte in diesem Bereich. Anforderungen an Systeme und Prozesse sind nicht nur komplex, sondern oft auch unklar oder zu abstrakt formuliert. Das Ergebnis? Verzögerungen, kostspielige Nacharbeiten und Systeme, die nicht den gewünschten Nutzen liefern.

Der Druck auf den Zahlungsverkehr, eine hohe Straight-Through-Processing-Quote (STP) zu erreichen, ist enorm. Automatisierung ist das Ziel, manuelle Eingriffe sind die Ausnahme. Das führt dazu, dass es nur wenige Benutzeraktionen gibt, die als Ausgangspunkt für die Ermittlung von Anforderungen dienen können. Stattdessen stehen technische Prozesse im Vordergrund, die reibungslos und effizient im Hintergrund ablaufen sollen. Doch wie definiert man Anforderungen für Prozesse, die kaum sichtbar sind?

Ein häufiges Warnsignal sind unklare Ziele. Stakeholder sprechen von „schnellen Transaktionen" oder „effizienten Prozessen", ohne genau zu definieren, was das bedeutet. Soll eine Transaktion innerhalb von einer Sekunde abgeschlossen sein? Welche Ausnahmen müssen berücksichtigt werden? Und was passiert, wenn eine Transaktion fehlschlägt? Solche Fragen bleiben oft unbeantwortet – entweder, weil sie nicht gestellt werden, oder weil niemand die Antworten kennt. Die Folge sind Anforderungen, die zu vage sind, um eine klare Entwicklungsrichtung vorzugeben.

Hinzu kommt die Unsichtbarkeit der Prozesse. Anders als in benutzerzentrierten Anwendungen, wo klare Feedbackschleifen und Interaktionen die Anforderungen greifbar machen, sind die Abläufe im Zahlungsverkehr für die Beteiligten oft schwer vorstellbar. Der Fokus liegt auf dem Endergebnis – einer erfolgreichen Transaktion –, während die einzelnen Prozessschritte übersehen werden. Das führt dazu, dass wichtige Details wie Fehlerbehandlung, Datenvalidierung oder Schnittstellen-Abhängigkeiten nicht ausreichend berücksichtigt werden.

Die Lösung beginnt mit der Sichtbarmachung dieser Prozesse. Modellierungstools wie BPMN-Diagramme können helfen, die Abläufe transparent darzustellen und den Beteiligten ein besseres Verständnis der Anforderungen zu vermitteln. Solche Modelle dienen als Diskussionsgrundlage, um frühzeitig Schwachstellen oder Unklarheiten zu identifizieren. Gleichzeitig ist es wichtig, gezielte Fragen zu stellen: „Welche Bedingungen müssen erfüllt sein, damit eine Transaktion erfolgreich abgeschlossen wird?" oder „Wie sollen Fehlerfälle behandelt werden?"

Eine weitere Methode, um Anforderungen präziser zu erfassen, sind User Stories. Auch wenn der Zahlungsverkehr wenige direkte Nutzer hat, können User Stories helfen, den Nutzen und die Ziele eines Prozesses klarer zu beschreiben. Statt allgemeiner Aussagen wie „Die Transaktion soll effizient sein", könnte eine User Story beispielsweise lauten: „Als Zahlungsdienstleister möchte ich Transaktionen innerhalb von zwei Sekunden bestätigen, um dem Kunden schnelle Rückmeldungen zu geben." Ergänzt durch klare Akzeptanzkriterien wird sichergestellt, dass alle Beteiligten dasselbe Verständnis von den Anforderungen haben.

Unsichtbare Prozesse machen den Zahlungsverkehr zu einer der anspruchsvollsten Domänen, wenn es um die Ermittlung klarer Anforderungen geht. Doch mit den richtigen Methoden – von der Visualisierung der Abläufe bis hin zur präzisen Zieldefinition – lassen sich die größten Stolpersteine umgehen. Am Ende sind klare Anforderungen der Schlüssel, um Projekte erfolgreich umzusetzen und sichtbare Probleme zu vermeiden. Denn eines ist sicher: Nur wer das Unsichtbare sichtbar macht, kann nachhaltig erfolgreiche Lösungen schaffen.


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