Domain-Driven Transformation: Wie wir den Zahlungsverkehr vom Mainframe befreien

Der Zahlungsverkehr ist das Rückgrat moderner Banken – eine kritische Infrastruktur, die täglich Milliarden von Transaktionen verarbeitet. Doch während sich die Anforderungen an Geschwindigkeit, Flexibilität und Innovation stetig weiterentwickeln, arbeiten viele Institute noch immer mit Mainframe-Systemen, die Jahrzehnte alt sind. Diese Systeme sind zwar stabil und leistungsfähig, doch sie bringen gravierende Herausforderungen mit sich: fehlende Agilität, hohe Betriebskosten und ein wachsendes Risiko durch den Verlust von Know-how.

Der Mainframe, einst eine bahnbrechende Technologie, wird zunehmend zu einem Hindernis. Entwickler, die mit COBOL oder Assembler vertraut sind, verlassen den Arbeitsmarkt, und der Nachwuchs zeigt wenig Interesse an diesen Technologien. Banken riskieren, von der technischen Basis abhängig zu bleiben, ohne die nötigen Fachkräfte zu haben, um diese zu pflegen. Die Lösung? Eine Domain-Driven Transformation, die nicht nur die technischen Grundlagen modernisiert, sondern auch die fachlichen Domänen des Zahlungsverkehrs in den Mittelpunkt stellt.

Der Mainframe: Ein Relikt mit Risiken

Mainframes haben über Jahrzehnte hinweg zuverlässig die Zahlungsströme von Banken abgewickelt. Ihre Stabilität und Skalierbarkeit machten sie zur idealen Lösung für die Anforderungen ihrer Zeit. Doch die Welt hat sich verändert. Heute erwarten Kunden und Unternehmen Echtzeit-Zahlungen, umfassende Analysen und eine schnelle Anpassung an neue regulatorische Anforderungen. Mainframes hingegen sind oft schwerfällig und erfordern große Anpassungsprojekte, um neue Funktionen zu integrieren.

Hinzu kommt der schwindende Pool an Experten. Viele der ursprünglichen Entwickler und Administratoren gehen in den Ruhestand, und junge IT-Fachkräfte setzen lieber auf moderne Technologien wie Cloud-Architekturen oder Programmiersprachen wie Python und Java. Das Wissen über Mainframe-Systeme wird so zu einem knappen Gut – ein Risiko, das Banken nicht ignorieren können.

Domain-Driven Transformation: Der strategische Ansatz

Domain-Driven Transformation bietet einen Weg, um Banken aus der Abhängigkeit von Mainframes zu befreien. Dabei geht es darum, die Architektur der Zahlungsverkehrssysteme entlang der fachlichen Domänen neu zu denken und zu organisieren. Fachliche Domänen wie SEPA-Überweisungen, Lastschriften oder Auslandszahlungen werden voneinander getrennt und klar abgegrenzt.

Diese Entkopplung schafft nicht nur Transparenz, sondern erlaubt es auch, jede Domäne unabhängig weiterzuentwickeln. Wichtig ist dabei, dass die Systeme so gestaltet werden, dass eine technische Trennung jederzeit möglich ist. Auch wenn die Domänen zunächst auf einer gemeinsamen Plattform betrieben werden, sorgt eine lose Kopplung dafür, dass sie in Zukunft eigenständig betrieben oder skaliert werden können.

Das Ziel ist keine monolithische Lösung, die alle Domänen umfasst, sondern eine Architektur, die flexibel, modular und zukunftssicher ist. So bleibt die technologische Basis anpassungsfähig, auch wenn sich die Anforderungen in der Zukunft weiterentwickeln.

Wie die Transformation gelingt

Die Modernisierung der Zahlungsverkehrssysteme erfolgt schrittweise, um Risiken zu minimieren und bestehende Prozesse nicht zu stören:

  1. Analyse der Domänen: Im ersten Schritt werden die verschiedenen Domänen identifiziert und ihre fachlichen sowie technischen Abhängigkeiten analysiert. Ziel ist es, klare Grenzen zu ziehen und unnötige Verflechtungen zu lösen.

  2. Modularisierung: Auf Basis der Analyse werden die technischen Komponenten so gestaltet, dass sie eigenständig und unabhängig von anderen Domänen betrieben werden können. Klare Schnittstellen und lose Kopplung sind dabei essenziell.

  3. Iterative Migration: Anstatt den Mainframe komplett abzulösen, werden zunächst einzelne Funktionen schrittweise in die neue Architektur überführt. Der Mainframe bleibt während der Transformation bestehen, verliert jedoch nach und nach an Bedeutung.

  4. Integration moderner Technologien: Technologien wie Event-Streaming, API-First-Ansätze und Cloud-Plattformen bieten die Grundlage für eine flexible und skalierbare Architektur.

Vorteile einer Domain-Driven Transformation

Der Wechsel von Mainframe-Systemen zu einer domänenzentrierten Architektur bietet zahlreiche Vorteile:

  • Flexibilität: Die klare Trennung der Domänen ermöglicht eine schnellere Anpassung an neue Anforderungen. Banken können spezifische Domänen unabhängig weiterentwickeln und skalieren.

  • Zukunftssicherheit: Moderne Technologien und lose gekoppelte Architekturen schaffen die Grundlage für Innovationen und neue Geschäftsmodelle.

  • Erhalt von Wissen: Durch die schrittweise Transformation können bestehende Mitarbeiter aktiv eingebunden werden, was den Wissenstransfer erleichtert und den Verlust von Expertise minimiert.

  • Effizienz: Technische und organisatorische Entkopplung reduzieren die Komplexität und erleichtern den Betrieb.

Herausforderungen auf dem Weg

Der Weg zur Befreiung vom Mainframe ist anspruchsvoll. Neben der technischen Komplexität erfordert die Transformation auch einen kulturellen Wandel. Teams müssen lernen, domänenzentriert zu denken und Entscheidungen an den Bedürfnissen der Fachbereiche auszurichten.

Zudem bleibt der Mainframe während der Übergangsphase oft ein integraler Bestandteil der Architektur. Das bedeutet, dass alte und neue Systeme parallel betrieben werden müssen, was die Komplexität vorübergehend erhöht. Mit einem iterativen Ansatz und einer klaren Vision lassen sich diese Herausforderungen jedoch meistern.

Fazit: Ein Schritt in die Zukunft

Die Ablösung des Mainframes im Zahlungsverkehr ist kein einfacher Weg, aber ein notwendiger. Banken, die sich nicht mit den Herausforderungen der Modernisierung auseinandersetzen, riskieren, technologisch ins Hintertreffen zu geraten und auf lange Sicht ihre Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren.

Mit Domain-Driven Transformation schaffen sie eine zukunftssichere Architektur, die nicht nur technische, sondern auch fachliche Anforderungen erfüllt. Es ist an der Zeit, die Fesseln des Mainframes zu sprengen und den Zahlungsverkehr in eine agile, flexible und skalierbare Zukunft zu führen – nicht, weil es einfach ist, sondern weil es notwendig ist.


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